Rumpelstilzchen

🧙 Rumpelstilzchen
Es war einmal ein armer Müller, der wollte vor dem König prahlen und sprach:
„Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen!“

Der König, von Gier gepackt, ließ das Mädchen in das Schloss bringen. Er führte sie in eine Kammer voller Stroh, gab ihr ein Spinnrad und sagte:
„Wenn du bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, musst du sterben!“

Das Mädchen weinte bitterlich – denn sie konnte das Wunderwerk nicht vollbringen. Da trat plötzlich ein kleines, seltsames Männlein in die Kammer.
„Was gibst du mir, wenn ich dir helfe?“
„Mein Halsband“, sprach sie.
Das Männlein spann das ganze Stroh zu Gold – und verschwand.

Am nächsten Morgen war der König entzückt – doch gierig. Er brachte sie in eine noch größere Kammer mit noch mehr Stroh. Wieder erschien das Männlein.
„Was gibst du mir diesmal?“
„Meinen Ring“, sagte sie.
Und wieder spann das Männchen alles zu Gold.

Am dritten Tag wurde sie in die größte Kammer geführt. Der König sprach:
„Wenn du auch das schaffst, sollst du meine Königin werden.“
Doch das Mädchen hatte nichts mehr zum Tauschen. Da sagte das Männlein:
„Dann versprich mir: Wenn du Königin wirst, gibst du mir dein erstes Kind.“

In ihrer Not versprach sie es – und das Männlein spann das Gold.

Bald darauf heiratete der König das schöne Mädchen, und sie wurde Königin. Ein Jahr verging, sie bekam ein Kind – und da kam das Männlein zurück.
„Gib mir, was du mir versprochen hast!“
Die Königin flehte um Gnade. Da sprach das Männlein:
„Gut. Du hast drei Tage Zeit. Errätst du meinen Namen – darfst du dein Kind behalten.“

Die Königin ließ in allen Landen nach seltsamen Namen suchen. Sie riet alles, was ihr einfiel: Kaspar, Melchior, Balduin – doch jedes Mal sprach das Männlein:
„So heiß ich nicht!“

Am dritten Tag kam ein Bote zurück und erzählte:
„Ich kam an einen Hügel im Wald. Da tanzte ein Männlein um ein Feuer und sang:

Heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!“

Am Abend kam das Männlein wieder. Die Königin tat ahnungslos und fragte:
„Heißt du vielleicht Kunibert?“
„Nein.“
„Oder Zacharias?“
„Nein.“
Dann lächelte sie:
„Heißt du… Rumpelstilzchen?“

Da wurde das Männlein kreidebleich vor Zorn, stampfte mit dem Fuß so heftig auf den Boden, dass es bis zur Hüfte versank – und riss sich selbst in zwei.

Und die Königin behielt ihr Kind – und nie wieder wurde etwas von Rumpelstilzchen gesehen.