🐐 Der Wolf und die sieben Geißlein
Es war einmal eine alte Geißenmutter, die lebte mit ihren sieben kleinen Geißlein in einem gemütlichen Häuschen am Waldrand. Eines Tages musste sie in den Wald, um Futter zu holen, und sprach zu ihren Kindern:
„Seid wachsam und öffnet niemandem die Tür! Der Wolf schleicht umher – er würde euch sonst fressen!“
Die Geißlein versprachen es und schlossen die Tür fest zu. Doch der böse Wolf hatte gelauscht. Kaum war die Mutter fort, klopfte er an und rief:
„Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat euch etwas mitgebracht!“
Aber die Geißlein erkannten seine raue Stimme und sagten:
„Du bist nicht unsere Mutter! Die hat eine helle Stimme – deine ist ganz tief!“
Da ging der Wolf zum Bäcker, ließ sich Kreide auf die Stimme legen und versuchte es erneut. Doch als er seine schwarze Pfote durchs Fenster steckte, riefen sie:
„Unsere Mutter hat keine schwarze Tatze – du bist der Wolf!“
Also ließ sich der Wolf beim Müller das Bein mit Mehl bestreuen, sodass es weiß aussah. Beim dritten Mal klang seine Stimme zart, und seine Pfote war hell – da glaubten ihm die Geißlein und öffneten die Tür.
Oh weh! Der Wolf stürzte ins Haus und fraß sie – eines nach dem anderen. Nur das kleinste Geißlein versteckte sich im Uhrenkasten. Als die Mutter heimkam und das Haus leer fand, rief das letzte Geißlein ängstlich: „Ich bin hier, liebe Mutter!“ Und es erzählte, was geschehen war.
Die Geißenmutter nahm ihr Kind bei der Hand, suchte den Wolf – und fand ihn schlafend unter einem Baum. Sein Bauch war kugelrund und schnarchte schwer. Mit einer Schere schnitt sie vorsichtig seinen Bauch auf – und eines nach dem anderen krochen die Geißlein wieder heraus, lebendig und heil!
Dann füllten sie dem Wolf den Bauch mit schweren Steinen, nähten ihn wieder zu – und als er erwachte und zur Tränke wankte, fiel er hinein und ertrank.
Da freuten sich die Geißlein, tanzten um ihre Mutter – und niemand fürchtete sich mehr vor dem bösen Wolf.